Samstag, 27. Dezember 2008

If it's them or us, it's them.

Nahost-Expertin bin ich keine. Noch nicht jedenfalls. Ich interessiere mich aber sehr für diese Region, für die Menschen, die dort leben, wie sie leben. Und auch für den traurigen Konflikt, den sie seit Jahren austragen. Austragen müssen. Für andere.

Vielleicht ist es naiv aber ich glaube fest daran, dass sowohl der Großteil der Palästinenser als auch der Israelis im Grunde wirklich Frieden möchte. Will nicht eigentlich jeder einfach nur leben, ohne jeden Tag Angst haben zu müssen, ohne zu hungern, ohne gedemütigt zu werden (z.B. an israelischen Grenzkontrollen)? Ist das nicht ein menschliches Grundbedürfnis?

Manchmal frage ich mich, wieviel Mensch diese Leute im jeweils anderen eigentlich noch sehen. Heute habe ich einem israelischen Freund, der in Tel Aviv wohnt, folgenden Link geschickt

http://gaza-sderot.arte.tv/


Das Programm wurde von Arte.tv initiiert. Es zeigt das Leben, den Alltag, auf beiden Seiten der Grenze. Auf beiden Seiten. Gleichwertig. Man sieht in den Kurzfilmen Menschen, Personen. Nicht radikale Zionisten und Terroristen, Israelis und Palästinenser.
Die Reaktion meines Freundes hat mich zutiefst erschrocken. "Sorry, (I) don't care", sagte er. Sofort. Offensichtlich hatte er sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich die Seite wirklich anzuschauen. Die Offensive des israelischen Militärs war für ihn dagegen schon lange überfällig gewesen.

Nun schreibe ich hier von einem guten Freund, den ich als hilfsbereiten und freundlichen Mann kenne. Geht es um diese eine Sache, scheint er jedoch bereitwillig Tote in Kauf zu nehmen. Selbst Kinder. Möglichst auf der anderen Seite, versteht sich.

Wenn dies die vorherrschende Einstellung in Israel ist und entgegengesetzt in Palästina, wo soll und wird dieser Krieg dann noch hinführen?

"If it's them or us, it's them", erklärte er mir noch.

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Dönerfrauen?

„Guck mal, was da kommt“, sagte er grinsend, seinen Kumpel mit dem Ellenbogen in die Seite stoßend. Gemeint war eine junge Frau, die den Gang der U-Bahn entlang auf einen freien Platz zusteuerte. Ich schätze sie auf Anfang 20, auftoupierte lockige Haare, schmal gezupfte Augenbrauen, viel Make-up und Lidstrich.

Er war wohl um die 18, eindeutig zu jung für sie und noch ziemlich grün hinter den Ohren. Vielleicht klang seine Bemerkung deshalb leicht anrüchig. Jungs in dem Alter eben. Fast gierig sah er ihr nach, so, wie sein Kumpel den in Alu gewickelten Döner verschlang, den er in der Hand hielt. Die Szene wirkte auf mich, als sei das Mädel nicht viel anderes: ein „Döner“, den es zu verschlingen galt.


Ein Freund von mir, mit dem ich mich auf Englisch unterhalte, spricht öfter von „chicks“. Gemeint sind „hot girls“, attraktive Frauen. Mich nennt er hin und wieder „babe“. Das ist ja noch recht harmlos, aber „chicks“? Hühner? Damit kann ich mich nicht wirklich anfreunden. Es klingt geringschätzig, je nach Tonart nahezu abfällig.


Feminismus hin oder her, der spielt für mich bei der Sache gar keine so große Rolle.

Vielmehr frage ich mich, welche Sicht auf Frauen solche Bezeichnungen wirklich implizieren. Die Sache in der U-Bahn mag ein pubertärer Ausbruch gewesen sein. Man hört derartige Kommentare aber auch immer wieder von gestandenen Männern. Jedenfalls sehen sie sich selbst gerne so. Woher kommt sie? Diese „Dönersicht“...


Eines muss ich allerdings noch erwähnen, um hier fair zu bleiben. Eine gute Freundin von mir verwendet ab und an ebenfalls eine nicht ganz „saubere“ Bezeichnung, wenn uns ein gut aussehender Herr über den Weg läuft: geile Sau.

Da frage ich mich wieder, wo sie eigentlich sind, die Geschlechterunterschiede. Wer die Antwort weiß, möge sich bei mir melden.

Montag, 1. Dezember 2008

Mumbai

Wenn man im Fernsehn Bilder von zersprengten Autos sieht, blutüberströmte Menschen, vor Trauer schier verrückt werdende Mütter, Väter, Brüder, Freunde, ist das schlimm! Wenn man von Selbstmordattentaten liest, von Bomben, die irgendwo auf der Welt (meist jedoch in bestimmten Regionen) hochgingen oder von Terroristen, die mit Maschinengeweheren wild und willkürlich um sich schossen, empfindet man das als erschreckend. Man ist vielleicht traurig, wütend, nachdenklich, fragt sich warum. Für eine Weile.
Ganz andere Dimensionen aber nehmen die Gefühle an, wenn man persönliches mit den Orten verbindet, an denen die Greueltaten begangen wurden.

Als ich vor einem guten halben Jahr in Mumbai war, habe ich um ehrlich zu sein kaum einmal daran gedacht, dass etwas derartiges passieren könnte wie es vergangene Woche der Fall war. Ich bin in der Hinsicht recht unbefangen durch die Straßen von Colaba gegangen.
Vorbei am Taj Mahal Hotel, vor dem wir hin und wieder stehen blieben, um zu sehen, wer aus den riesigen Autos aussteigt. Oder einfach, um uns das schöne Gebäude anzuschauen.
Auch im Café Leopold habe ich mein Frühstück stets entspannt und sorglos genossen. Ich habe noch heute das Bild von meiner Reisegefärtin und mir vor Augen, wie wir an einem der Tische sitzen und unsere Reise Revue passieren lassen.

Dass nun an eben diesen Orten so viele Menschen sterben mussten, an Orten, an denen ich mich mehrfach aufgehalten und eine schöne Zeit verbracht habe - das wirkt alles sehr unwirklich auf mich. Irgendwie nicht richtig vorstellbar. Weil ich lachende Gesichter vor mir sehe, Sonnenschein, den Jungen, der sich gefreut hat, als wir ihm was zu Essen gegeben habe.

Maschinengewehre und Bomben passen da einfach nicht hin. Genauso wenig, wie an jeden anderen Ort auf dieser Welt.