Mittwoch, 27. August 2008

Die gute Sache

„Sie sehen also, alles, was wir erwirtschaften, kommt einer guten Sache zu.“

Sagte heute ein Mitarbeiter von BOSCH (ich kürze den Namen jetzt mal mit B.ab, damit hier keine Schleichwerbung entsteht), während einer Einweisung der Hostessen auf der IFA 2008. Der B.-Stand ist riesengroß und mit allerlei Geräten ausgestattet, vom Herd über die Waschmaschine bis hin zum Fön. An die 30 Mädels tummeln sich, stehen da und lächeln nett. Wirklich anspruchsvoll ist die Arbeit als Hostess nicht.
Die Einweisung jedenfalls war ganz interessant – teilweise zumindest. Beispieslweise erfuhr man, dass der erste B.-Kühlschrank 1933 auf den Markt kam. Weniger spannend war die Eigenwerbung, die man sich zwangsläufig anhören musste. Dass man davon nicht verschont blieb, war allerdings nicht weiter verwunderlich.

Zurück zur eingangs erwähnten „guten Sache“. Gemeint ist die Robert-Bosch-Stiftung. Die macht wirklich gute Projekte, wenn man sich die Homepage mal anschaut, auch was Programme für Journalisten betrifft. Insbesondere der Austausch mit Osteuropa wird gefördert.
So gut die Sache aber sein mag, was in dem Satz ganz gewaltig stört ist dieses kleine und doch wichtige Wort: alles. Denn seien wir mal ehrlich: Die Leitung von B. macht wohl kaum eine Ausnahme, wenn es darum geht, dicke Managergehälter einzusacken. Wer würde da schon nein sagen?!
Warum also dieses „alles“? Weshalb sagte er nicht einfach „ein Teil von dem, was wir erwirtschaften“?
Es klang nicht, als hätte er witzig sein wollen, der B.Mitarbeiter. Selbst mit dem bayrischen Akzent nicht, der das meiste leicht lustig klingen lässt.

Sie sind schon eine seltsame Spezies, diese Geschäftsleute. Viele von ihnen wirken ein wenig selbstverliebt, wahrscheinlich sind das die ganz hohen Tiere. Als Hostess kann man nicht immer so ganz die Hierarchien erkennen – man ist zu sehr darauf konzentriert immer schön freundlich zu lächeln. Um hier kein falsches Bild zu schildern sollte aber auch gesagt werden, dass viele von dieser seltsamen Spezies ebenfalls freundlich lächeln. Bis jetzt zumindest. Mal schauen, was die IFA noch so bringt.

Wenn nur die Oberflächlichkeit nicht wäre, die irgendwie in der Luft zu liegen scheint. Wobei, vielleicht ist sie ja auch eine gute Sache. Oberflächlichkeit, um die Oberflächlichkeit der anderen an sich abprallen zu lassen. Macht das Sinn?

Montag, 25. August 2008

Verbindendes

Normalerweise sind sie weiß oder schwarz. Die meisten sind relativ klein und werden eingestöpselt, wobei der eine oder andere auch diese großen hat, die das ganze Ohr bedecken. Die Rede ist von Kopfhörern. Wer öffentliche Verkehrsmittel nutzt, sieht sie mittlerweile überall, die Ohren der Fahrgäste sind voll davon. Was früher der Walkman war, ist heute der MP3-Player und fast jeder scheint einen zu besitzen. Das Alter spielt dabei keine Rolle mehr, von zehn bis 70, man sieht sie in sämtlichen Ohren – die Kopfhörer, das Gerät selbst steckt normalerweise in irgendeiner Tasche.

Anstrengend sind die Menschen, die entweder leicht schwerhörig sind oder einfach schlechte Kopfhörer haben. Besonders morgens, wenn man eigentlich noch gar nicht richtig wach ist und einem klar ist, dass man mal wieder zu spät an der Uni sein wird. Trance, HipHop, Metal – seltsamerweise ist es meistens eine dieser Musikrichtungen, die einem aus diversen Richtungen entgegenschallen. Meistens, aber eben nicht immer.

Neulich war da ein älterer Herr in der U-Bahn, der offensichtlich eine Vorliebe für Volksmusik hatte. Anstelle des üblichen Basses tönten Tuben und Trompeten. Ich fühlte mich in die Zeiten zurückversetzt, in denen ich mir als Kind, gemeinsam mit meiner Oma, den Musikantenstadl angeschaut habe. Das Äußere des Mannes passte allerdings nicht ins Bild – er trug einen Ranger-Hut, enge Jeans und eine Weste über dem hellblauen Hemd. Sein Aufzug erinnerte mehr an einen Countrysänger als an Karl Moik (für alle, die den nicht kennen: er ist der Moderator des Musikantenstadls). Ich musste unwillkürlich grinsen, als ich ihn sah. Er widersprach so sehr dem Klischee des Rappers, der die Hosen in den Kniekehlen trägt und die häkelnde Oma mit seiner „wilden“ Musik auf die Palme bringt. Zur Abwechslung war es mal ein Opa, der da mehr oder minder lauten Krach machte (die Vermutung, dass er wirklich nicht mehr gut hört liegt hier allerdings nahe).

Es ist so ziemlich das einzige, was mir am U-Bahnfahren wirklich gefällt: die unterschiedlichen Menschen, denen man begegnet, die Gesprächsfetzen, die man oft zwangsläufig mitbekommt, die schrägen Outfits, die manch einer trägt. Und so absurd es klingen mag, eins scheint alle zu verbinden, sei es Ranger-Hut, Baggy Pants, Dreadlocken oder rot lackierte Fingernägel: die Kopfhörer. Wahrscheinlich wollen sie nicht angesprochen werden, so wie diejenigen, die sich hinter ihrer Zeitung verschanzen. Auch das scheint alle zu verbinden.

Sonntag, 24. August 2008

Warum ist Schreiben so wichtig?

„Warum ist Schreiben so wichtig? Hauptsächlich wegen Egoismus, nehme ich an. Weil ich diese Person sein will, ein Schriftsteller, und nicht weil da etwas wäre, was ich sagen muss. Aber warum nicht auch deshalb? Mit etwas Ich-Modellierung – wie mithilfe dieses Tagebuches – sollte ich auch die Sicherheit gewinnen, dass ich (ICH) etwas zu sagen habe, das gesagt werden sollte.“[1]

In den Fünfzigern schrieb Susan Sonntag, eine amerikanische Schriftstellerin, diese Zeilen in ihr Tagebuch. Ich habe sie heute während meines morgendlichen Kaffees in einem Artikel in der taz gelesen.
Wie egoistisch ist man also als Schriftsteller? Warum schreibt man und für wen? Es gibt sicherlich genug Autoren, die ihre Texte für ein bestimmtes Publikum verfassen und sich an diesem orientieren, wie ein Werbetexter, der seine Zielgruppe stets im Blick hat. Solche Texte und Bücher mögen sowohl inhaltlich als auch stilistisch gut geschrieben sein – aus der Menge herausstechen, etwas bewegen, tun sie selten.
Ich denke, gute Werke entstehen erst aus dem Bedürfnis heraus zu schreiben, zu Papier und Stift zu greifen, in Gedanken versunken. Eben dann, wenn es nicht darum geht, sich der Welt mitzuteilen, publiziert zu werden. Sondern aus dem Verlangen heraus, seine Gedanken und Gefühle zu Papier zu bringen, für sich selbst. Als Roman, Essay, Gedicht – das spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Es scheint ein innerer Drang zu sein, dem man früher oder später nachkommt, um dieses Bedürfnis zu befriedigen
- weil man nicht anders kann. Sein fertiges Schriftstück in Händen zu halten ist anschließend ein Hochgefühl, ein Adrenalinausstoß.

Im Prinzip kann jeder ein Autor sein, der Lesen und Schreiben gelernt hat. Ob man gut oder schlecht ist, ist wiederum eine andere Frage. Wie man zum Schreiben kommt ist wohl eine sehr individuelle Geschichte. Der eine oder andere stammt vielleicht aus einer Schriftstellerfamilie. Andere spielen einfach gern mit Sprache, Worten.
Es mag seltsam klingen, aber ich finde Schreibwarengeschäfte ungemein aufregend. Das war schon immer so, auch als Kind war ich begeistert davon, insbesondere, wenn sie gleichzeitig auch Buchhandlung waren. Auch das Lesen hat mir schon früh Spaß gemacht.
Mein Herz scheint schneller zu schlagen, beim Anblick der Stifte, dem blanken Papier, den leeren Büchern, mit Seiten, die nur darauf warten, beschrieben zu werden. All die Geschichten und Gedanken, die man darauf festhalten kann, die Möglichkeiten, die einem ein schlichtes Blatt eröffnet. Fantasie hatte ich wohl schon immer eine recht blühende, Aufsätze schrieb ich in der Schule mit links. Woher meine Affinität zum Schreiben kommt weiß ich nicht. Vielleicht, hängt es damit zusammen, dass mich Bücher von klein auf begeisterten und ich mir manchen Schriftsteller zum Vorbild nahm. Astrid Lindgren beispielsweise. Wahrscheinlich gehöre ich auch einfach zu der Sorte Menschen, die sich in geschriebener Sprache besser ausdrücken können als in gesprochener.
Jedenfalls schließe ich mich Susan Sonntag an: Warum ist Schreiben so wichtig? Hauptsächlich aus Egoismus, nehme ich an.



[1] Robert Misik: Ikone der Intensität. TAZ MAG vom 23./24. August 2008