Mittwoch, 20. Mai 2009

Ungeschminkt

"Und dann hat die die Tür aufgemacht und war echt mal total ungeschminkt." Der junge, leicht gebräunte Mann mit den kurzen blonden Haaren schien selbst erstaunt, über das, was er da sagte. Sein Kumpel, ebenfalls etwas gebräunter als um die Jahreszeit üblich, saß ihm im Bus gegenüber und sah ihn denn auch skeptisch an. "Wirklich?", wollte er wissen.
"Ja, man, wenn ich's Dir sage, die hatte echt nix im Gesicht und die Haare war'n auch nicht gemacht", antwortete der blonde. "Und dann hatte sie so 'ne komische Schlabberhose an. Ich fand' das richtig gut, so natürlich, weißt Du. So damit ich wirklich sie kennenlerne und nicht bloß ihr Aussehen." Sein Kumpel schien beeindruckt, als bekäme er sowas nicht oft zu hören. Als wäre es etwas ungemein außergewöhnliches.

Ich saß neben ihm und konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen. Wieviele Welten es in Berlin doch zu geben scheint. Darüber bin ich immer wieder erstaunt, daran gewöhnen tue ich mich offensichtlich nicht. Würde ich meine Wohnungstür öffnen, geschminkt und aufgestylt, obgleich ich zum Filmabend verabredet bin - meine männlichen Freunde (und die weiblichen natürlich auch) würden mich sehr seltsam anschauen. Es wäre etwas außergewöhnliches.